Verein: Straßen komplett sanieren
Der Altlastenverein Neuschloß ist dafür, neben den Grundstücken auch die Straßen komplett von Schadstoffen zu befreien – trotz der Kosten, die damit verbunden sind. Vorsitzende Carola Biehal warnt davor, die notwendige Sanierung auf eine Ebene zu stellen mit populären politischen Wunschprojekten: „Die Frage beispielsweise, wie groß das Wellness-Vergnügen im Schwimmbad ausfallen soll, kann nicht als Alternative zum Schutz der Bürger in Neuschloss diskutiert werden.“ Biehals Stellvertreter, der Lampertheimer Mediziner Dr. Günter Weidenauer, warnt vor Risiken für die Bevölkerung, sollten die Altlasten unter Fahrbahn und Gehwegen liegen bleiben.
“Wenn dann die Straßen etwa wegen Arbeiten an den Versorgungsleitungen aufgerissen werden müssen, wird das eine große Gefahr für die Anwohner sein, weil die Vorausplanung fehlt.” Das bekannte Neuschlösser Szenario – Absperrung, Abhängung, Waschanlage und so weiter – werde in dieser Konsequenz nicht schnell genug realisiert werden können, um den Notfall zu beheben. “Dann können die angeblich gesicherten Schwermetalle und Dioxine unkontrolliert in die Luft entweichen. Die gesundheitlichen Risiken liegen deshalb wesentlich höher als bei einer geplanten Sanierung.”
Dass es hier nicht um theoretische Denkspiele geht, werde klar, wenn man durch Lampertheim fährt: “Da wird dauernd irgendwo nach den Leitungen gegraben wird”, sagt Dr. Weidenauer.
Die bisherigen Verträge zwischen Land, Stadt und Anwohner beziehen sich nur auf die Grundstücke in Neuschloß. Die Sanierung der Straßen will das Land nicht mitbezahlen, weil die versiegelten Flächen das Regenwasser stoppten, das sonst Schadstoffe ins Grundwasser spülen könnte.
Die Stadt Lampertheim kann jetzt die Straßen mit den restlichen Flächen sanieren lassen. Andernfalls müsste die Kommune nach dem Abschluss der Arbeiten für jeden Schadensfall den Aufwand alleine betreiben, mit dem jetzt die Bevölkerung geschützt wird. Auch ein Ingenieurbüro stünde ihr nicht mehr zur Seite. „Somit ist es nicht nur verantwortungsvoller, sondern langfristig auch kostengünstiger, die Erde unter den Straßen auszutauschen“, erklärt Biehal die Position des Altlastenvereins.
Die Vertreter der politischen Parteien diskutieren momentan nur noch eine Minimalversion: Statt der gesamten Fläche würde demnach nur ein 1,40 Meter breiter Streifen gesäubert, in dem die Versorgungsleitungen liegen könnten. „Eine solche Variante erfordert eine gründliche Prüfung“, warnt die Vorsitzende. „Beispielsweise muss klar sein, welcher finanzieller und sicherheitsrelevanter Aufwand nötig ist, wenn der Abwasserkanal ausgebessert werden muss.“ Der liegt in den meisten Straßen deutlich tiefer als die anderen Leitungen und kann nicht in den 1,40-Meter-Streifen versetzt werden.
Das Land fordert eine Entscheidung bis zum kommenden Freitag. Von den Stadtverordneten, die an diesem Tag abstimmen wollen, dürften manche vor eineinhalb Jahrzehnten den Bebauungsplan mit auf den Weg gebracht haben, auf dessen Grundlage die Stadt Lampertheim an Bürger mit Altlasten belastete Grundstücke verkauft hat. „Jetzt ist es für die Politik an der Zeit, sich dieser Verantwortung voll und ganz zu stellen“, sagt Biehal.