Der Ärger mit der Wiederherstellung
Nun wissen wir, warum Anwohner oft viele Monate darauf warten müssen, dass sanierungsbedingte Schäden an ihren Häusern beseitigt werden, dass es in ihre wieder aufgebauten Garagen nicht reinregnet oder dass sie überhaupt ihr Grundstück bearbeiten dürfen: Im Baugewerbe gibt es lange Lieferzeiten, und die Anwohner sind zu anspruchsvoll. So scheint das jedenfalls das Bürgerbüro zu sehen, liest man eine Information, die sich als Osterüberraschung in Neuschlößer Briefkästen fand. Keine Rede ist dort dagegen von offenkundig fehlender interner Abstimmung der Sanierer, in Entscheidungen übergangenen Anwohnern und schlechter handwerklicher Arbeit.
Schuld sind immer die anderen. Der Projektbeirat Altlasten Neuschloß (PAN) weist diese Darstellung entschieden zurück – und zeigt mit Beispielen, warum sie nicht haltbar ist.
Dass die Umstände der Wiederherstellung überhaupt zum Thema werden, muss nicht unbedingt etwas mit der Sorge um die Zufriedenheit der Anwohner zu tun haben – auch wenn die Verantwortliche der HIM-Sanierungsgesellschaft, Birgit Schmitt-Biegel, sagt, sie lege wert auf eine gute Zusammenarbeit mit den Betroffenen. Wir haben den Eindruck, nicht minder wichtig aber ist den Verantwortlichen eine gute Presse. Das wurde deutlich in einem Treffen des Projektbeirats mit Vertretern der HIM und des Bürgerbüros. Darin beschwerte sich Frau Schmitt-Biegel über den Bericht der Vorsitzenden des Projektbeirats im Ortsbeirat.
Carola Biehal hatte dort vorgetragen, dass Anwohner dem PAN ihren Ärger erklärten, manche sich gar hintergangen fühlten. HIM und Bürgerbüro waren empört – wohlgemerkt nicht etwa wegen der Tatsache, dass die Arbeiten offenkundig schlecht laufen, sondern weil der Projektbeirat das öffentlich macht. Wir haben klargestellt: Wenn die gewählten politischen Vertreter im Ortsbeirat um einen Stimmungsbericht bitten, wird der PAN auch künftig sagen, was Sache im Stadtteil ist. Die Sanierer verwechseln hier Ursache und Wirkung. Läuft die Wiederherstellung glatt, werden wir das dem Ortsbeirat gerne erzählen – und sicher steht das dann auch in der Zeitung.
Drei Beispiele, was Anwohner aufregt
Ursachen der „Verzögerungen“, so heißt es wörtlich im „Info Nr. 136“, seinen „die langen Lieferzeiten“ und „Änderungswünsche der Eigentümer kurz vor Beginn der Wiederherstellung“. In dem Treffen mit Bürgerbüro und HIM haben wir einige Beispiele von vielen genannt, was Anwohner aufregt.
Beispiel 1: Ein Grundstücksbesitzer möchte seine Garage in Eigenregie auf die Grenze zum Nachbarn hin aufbauen. Er wendet sich an das Bürgerbüro mit der Bitte, die Sanierungsfirma möge den Gartenzaun dort zumindest vorerst nicht aufstellen, weil er während des Garagenbaus im Weg stehen würde. Der Grundstücksbesitzer bekommt vom Bürgerbüro eine Gesprächsnotiz, die den Sachverhalt dokumentiert. Einige Wochen später beginnen Bauarbeiter, den Zaun aufzustellen – ohne dass es irgendeine Rückmeldung gegeben hätte. Der herbeigerufene Ingenieur sagt, auf der Gesprächsnotiz stehe ja lediglich, dass der Anwohner keinen Zaun wünsche. Man habe aber beschlossen, diesem Wunsch nicht zu entsprechen. Dass der Grundstücksbesitzer nicht informiert wurde, sei nicht sein Problem. Der Zaun wird aufgestellt; der Anwohner muss ihn später wieder abmontieren lassen.
Beispiel 2: Eine Grundstücksbesitzerin lässt sich ihre Nebengebäude wieder so errichten, wie sie vorher waren. Die Handwerker gehen – und hinterlassen ein undichtes Dach, durch das es hereinregnet, und einen Garagenboden ohne Gefälle, so dass sich dort bei starkem Regen Pfützen bilden. Obwohl hier Folgeschäden drohen, sind diese Mängel selbst nach fast einem Jahr noch nicht behoben.
Beispiel 3: Während des Bodenaustauschs wird ein Steg von der Straße zur Haustür installiert – zur Befestigung werden Eisen durch die Kellerwände gestoßen. Wird der Steg entfernt, bleiben Löcher, die gefüllt und überstrichen werden müssen. Die Sanierer vergessen solche Kleinigkeiten allerdings gerne. Manche Bewohner haben – trotz mehrfacher Hinweise an verschiedene Stellen – fast eineinhalb Jahre auf den Verputzer gewartet, manche Löcher sind immer noch unbearbeitet.
Lange Lieferzeiten, aufwendige Änderungswünsche? In allen drei Beispielen liegen die Hauptprobleme anders. Die Anwohner werden nicht informiert oder gefragt, wo es nötig wäre; sie werden also übergangen. Einwände gehen verloren. Schuld ist immer der, mit dem man gerade nicht spricht: wahlweise Bürgerbüro, Ingenieure oder Bauunternehmen – gerne auch die Anwohner selbst, wie sich nun erneut bestätigt.
Wie es besser werden soll
Was will denn die HIM tun, damit die Wiederherstellung künftig besser läuft? Das wollte der Projektbeirat von Chef-Saniererin Schmitt-Biegel wissen. Ihre Antwort: Seit einigen Monaten gebe es eine Liste, in die Beschwerden der Neuschlößer eingetragen würden. Die Aufstellung werde einmal wöchentlich in einer Arbeitsbesprechung mit den Baufirmen durchgegangen. Der Projektbeirat begrüßt diese Idee.
Außerdem: Bevor die Wiederherstellung beginnt, werden die Grundstückseigentümer künftig zu einem grundlegenden Einzelgespräch eingeladen mit Verantwortlichen der Sanierung, den Baufirmen und des Bürgerbüros. In dem Treffen soll detailliert besprochen werden, welche Arbeiten im Einzelsanierungsvertrag vereinbart sind – und was wann wie gemacht werden soll. Während der Wiederherstellung will das Bürgerbüro die Grundstückseigentümer alle sechs Wochen zu weiteren Einzelgesprächen einladen. Darin geht es um den Stand der Dinge und aktuelle Fragen, die sich während der Arbeiten ergeben.
Der Rechtsanwalt des Vereins hilft
Manchmal fragen sich Grundstücksbesitzer: Wie können wir uns gegen lange Verzögerungen oder schlechte Arbeiten wehren? Hier hilft der Altlastenverein. Mitglieder können ihre Probleme dem Rechtsfachmann des Vereins schildern. Anwalt Christoph Kneissl wird im Rahmen von Sprechstunden juristisch Stellung nehmen. Der nächste Termine ist am Dienstag, 15. April, von 19 Uhr an im Nebenzimmer des Neuschlößer Bürgersaals, Ahornweg 1. Bitte melden sie sich kurz an, per Mail oder Telefon.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Bürgerbüro und HIM gemacht? Schreiben Sie uns, am besten per E-Mail: blog [at] altlast-neuschloss.de